Bauleitplanung

Der Bau-, Planungs- und Umweltausschuss ist wesentlich dafür verantwortlich, was und wie in der Stadt gebaut wird und bestimmt daher das Erscheinungsbild einer Stadt wesentlich mit. Aber nicht nur das Erscheinungsbild – auch die Verkehrssituation, die Klimaschutzziele und vieles mehr. Die Stadt (Verwaltung und Stadtrat) haben da schon einigen Spielraum, aber es gibt natürlich einen gesetzlichen Rahmen und eine übergeordnete Planung. Dies wollen wir in diesem Artikel mal ausführlich und konkret darstellen.

Die Bauleitplanung in der Kommune ist ein Teil der Raumordnungspolitk in Bayern.

Auf Bayern bezogen gibt es drei Ebenen

  • die Landesplanung durch den Freistaat,
  • die Regionalplanung
  • als unterste Ebene die kommunale Bauleitplanung.

Übergeordnete Planung

LANDESPLANUNG: Die oberste Landesplanungsbehörde ist Träger der Landesplanung. Sie ist für den Vollzug des Raumordnungsrechts auf Landesebene und insbesondere für das Landesentwicklungsprogramm Bayern (LEP) zuständig. Ein Landesplanungsbeirat steht ihr hierbei fachlich unterstützend zur Seite. Ferner gibt die oberste Landesplanungsbehörde wichtige Impulse für die Strukturentwicklung in ganz Bayern und in seinen Teilräumen, z.B. durch Regional- und Konversionsmanagement (Umnutzung/Nutzungsänderung z.B. bei militärischen Standortschließungen) sowie durch regionale Initiativen und Projekte. Auch die kontinuierliche Raumbeobachtung zählt zu ihren Aufgaben. Die höheren Landesplanungsbehörden vertreten die landesplanerischen Belange auf der Ebene der jeweiligen Regierungen. Aufgabenschwerpunkte sind u. a. die Durchführung von landesplanerischen Überprüfungen (Raumordnungsverfahren), die Abgabe von Stellungnahmen zu Fachplanungen – auch im Rahmen der Bauleitplanung – und die Rechts- und Fachaufsicht über die Regionalen Planungsverbände.

Seit über 30 Jahren ist das LEP Grundlage und Richtschnur für die räumliche Entwicklung des Freistaats. Es stellt ein wesentliches Instrument zur Verwirklichung des Leitziels bayerischer Landesentwicklungspolitik dar: Die Erhaltung und Schaffung gleichwertiger Lebens- und Arbeitsbedingungen in allen Landesteilen.

  • HIER – Landesentwicklungsprogramm Bayern
  • HIER – die Gesetztestexte dazu
  • HIER – Wege zu einem „besseren“ LEP in Bayern: Ein neues Raumkonzept für Bayern ist überfällig! Die Ziele des Landesentwicklungsprogramms stehen zunehmend im Widerspruch zur Entwicklung unserer Siedlungen und Landschaften. Mit der Initiative „Wege zum besseren LEP“ fordern die führenden Fachorganisationen und Verbände ein konsequentes Um- und Weiterdenken in der Landesplanung.
Memmingen: dunkelroter Kreis: Oberzentrum, rot schraffiert: ländlicher Raum mit Verdichtungsansätzen. – Ulm: lila Fläche: Verdichtungsraum

REGIONALPLANUNG: Für die Regionalplanung sind in Bayern die 18 Regionalen Planungsverbände (RPV) zuständig. Diese erfüllen ihre Aufgabe im übertragenen Wirkungskreis. Die RPV sind Zusammenschlüsse der Gemeinden und Landkreise einer Region. Damit liegt die Regionalplanung maßgeblich in den Händen der Kommunen.

Die Regionalpläne werden aus dem Landesentwicklungsprogramm entwickelt und konkretisieren die dortigen Festlegungen räumlich und inhaltlich für die 18 bayerischen Regionen. Sie werden von den Regionalen Planungsverbänden aufgestellt und bei Bedarf fortgeschrieben. Die Regionalpläne enthalten Festlegungen zu überfachlichen und fachlichen Belangen wie z.B. Ziele und Grundsätze zur Siedlungs- und Freiraumentwicklung sowie gebietsscharfe Vorrang- und Vorbehaltsgebiete, z.B. zur Sicherung und Gewinnung von Bodenschätzen. Die Regionalpläne bestehen jeweils aus einem textlichen Teil mit Zielen und Grundsätzen und deren Begründung sowie aus Karten mit der zeichnerischen Darstellung von Zielen und Grundsätzen (zum Beispiel Vorrang- und Vorbehaltsgebiete für Windkraftanlagen).

  • HIER Regionalplan Donau/Iller Startseite
  • HIER Regionalplan Donau/Iller – Teilkarte Memmingen
  • HIER die ganze Karte Regionalplan Donau/Iller – mit Zeichenerklärung
KS: ist Kies und Sand im Norden von Memmingen
Hier Vorranggebiete (VR) für Windkraft: mit sehr wenig ausgewiesenen Flächen in der Region

Landes- und Regionalplanung gehen über die kommunalen Flächennutzungspläne, z.B. Gewinnung von Bodenschätzen (Lehm, Kies, Sand…)

Kommunale Bauleitplanung

Der Gesetzgeber geht bei der kommunalen Bauleit-Planung von einer Zweistufigkeit aus: dem Flächennutzungsplan und dem Bebauungsplan.  Und er geht von einer Reihenfolge aus: zuerst der Flächennutzungsplan und dann der Babauungsplan. Der § 8 Abs. 3 S. 1 BauGB ermöglicht es, Bebauungsplan und Flächennutzungsplan gleichzeitig aufzustellen, zu ändern oder zu ergänzen (Parallelverfahren).

1. Flächennutzungsplan

Im Flächennutzungsplan wird für das gesamte Gemeindegebiet die sich aus der beabsichtigten städtebaulichen Entwicklung ergebende Art der Bodennutzung in den Grundzügen dargestellt. Der Flächennutzungsplan ist damit ein vorbereitender Bauleitplan. Dies unterscheidet ihn von Bebauungsplänen, die für Teile des Gemeindegebietes aufgestellt werden und verbindliche Regelungen für die Bürger und die Baugenehmigungsbehörden enthalten.

Im Flächennutzungsplan werden z. B. die für die Bebauung vorgesehenen Flächen, Flächen für Verkehrsanlagen, Grünflächen, aber auch die Flächen für die Landwirtschaft und Waldflächen dargestellt. Daneben werden Planungen, die nach anderen gesetzlichen Vorschriften festgesetzt sind, nachrichtlich übernommen. Dem Flächennutzungsplan ist eine Begründung beizufügen. In der Begründung sind die Ziele, Zwecke und wesentlichen Auswirkungen des Flächennutzungsplans und in einem Umweltbericht die maßgeblichen Belange des Umweltschutzes darzulegen.

Der Flächennutzungsplan wird in einem im Baugesetzbuch (BauGB) gesetzlich geregelten Verfahren aufgestellt. In diesem Verfahren werden sowohl die Bürger als auch Behörden und Träger öffentlicher Belange beteiligt). Der Flächennutzungsplan bedarf der Genehmigung der höheren Verwaltungsbehörde. Zuständig für die Erteilung der Genehmigung sind in der Regel die Landratsämter, im Ausnahmefall die Regierungen. Mit der ortsüblichen Bekanntmachung der Genehmigung wird der Flächennutzungsplan wirksam.

Hier die Stufen: es zeigt, dass der Stadtrat sich dreimal mit dem Flächennutzungsplan beschäftigen muss/darf. Die Bürger und Behörden können sich zweimal beteiligen.

Aktuell in Memmingen (10/2022): Der Flächennutzungsplan wird in der Regel für einen Zeitraum von etwa 10 bis 15 Jahren aufgestellt und befindet sich in Memmingen aktuell in einer Neuaufstellung. Darüber hinaus umfasst der Flächennutzungsplan auch Aussagen des Landschaftsplans, welcher ebenfalls derzeit in seiner Gesamtheit neu aufgestellt wird. Der Landschaftsplan analysiert die Bestandssituation für die unterschiedlichen Belange des Natur- und Umweltschutzes, erkennt Konflikte und Defizite und leitet daraus entsprechende Maßnahmen ab. Diese werden – nach Beschluss im Stadtrat – in die Darstellungen des Flächennutzungsplans integriert und erhalten damit gegenüber der Kommune selbst sowie gegenüber allen an der Neuaufstellung beteiligten Behörden und Trägern öffentlicher Belange Verbindlichkeit.

Flächennutzungplankarte Memmingen mit Markierung von Gewässer und Schutzgebieten

HIER die interaktive Karte: es können einzelne Bereiche ausgewählt und angezeigt werden.

2. Bebauungspläne

Der Bebauungsplan (auch B-Plan genannt) wird aus den übergeordneten Flächennutzungsplänen der Gemeinde heraus entwickelt und regelt die mögliche Nutzungsart und Bebauung von Gebieten und/oder Grundstücken im Detail.

Der Inhalt eines Bebauungsplans wird gemäß § 9 BauGB (HIER) geregelt. Auf insgesamt 26 Punkte kann dementsprechend aus städtebaulichen Gründen Bezug genommen werden, unter anderem

  • Art und Maß der baulichen Nutzung
  • Bauweise
  • Überbaubare Grundstücksflächen
  • Flächen für den Gemeinbedarf sowie für Sportanlagen
  • Höchstzulässige Zahl der Wohnungen
  • Besonderer Nutzungszweck von Flächen
  • Flächen, die von Bebauung freizuhalten sind
  • Versorgungsflächen
  • Örtliche Verkehrsflächen
  • Flächen für Abfall- und Abwasserbeseitigung
  • Flächen für Landwirtschaft und Wald

Ein gesetzlicher Zwang, dass sämtliche Regeln, die gemäß des § 9 Abs. 1 BauGB in einem einzigen Bebauungsplan berücksichtigt werden können, besteht nicht. Damit jedoch eine alleinige Rechtsgrundlage für die Beurteilung von Bebauungsplänen bestehen kann, müssen einige Punkte zwingend in einem jeden vorhanden sein:

  • Art der baulichen Nutzung
  • Maß der baulichen Nutzung
  • Überbaubare Grundstücksflächen
  • Örtliche Verkehrsflächen

Derartige Bebauungspläne werden als „qualifizierte Bebauungspläne“ bezeichnet. In der Praxis sind dies jene Bebauungspläne, welche am häufigsten erstellt werden.

Der Bebauungsplan wird in einem ähnlichen Ablauf wie der Flächennutzungsplan festgelegt mit Bürger- und Behördenbeteiligung.

Bebauungspläne sind das wichtigste Instrument einer Gemeinde, da sie detailliert einerseits das Erscheinungsbild einer Gemeinde festlegt, andererseits aber auch alle ökologischen Umweltaspekte berücksichtigt werden müssen.

Es sind auch weitere Satzung und Grundlagen zu berücksichtigen: Stellpatzsatzung, Baumschutzverordnung, Altstadtsatzung, Einzelhandelskonzept, Klimaschutzkonzept, Mobilitätskonzept, Entwicklungsprogramme ( z.B. Integriertes Stadtentwicklungskonzept (ISEK) mit einem planerischen Zeithorizont bis 2030),

  • HIER ISEK – mit PDF Dateien der Teilbereiche
  • HIER die Übersichtskarte Bebauungspläne

Hier ist zu sehen, dass es nicht für alle Flächen in Memmingen Bebauungspläne gibt.

Hier ein Bebauungsplan – Eisenburg Süd/West:

Kein Bebauungsplan

In alten Innenstadtlagen und Ortskernen ist häufig kein gültiger Bebauungsplan vorhanden. Ist dies der Fall, so wird in der Regel der §34 des Baugesetzbuches (HIER) herangezogen. Demnach soll eine Bebauung so konzipiert werden, dass sie sich in die Eigenart der näheren Umgebung einfügt und die Erschließung gesichert ist. Das Ortsbild darf nicht beeinträchtigt werden. Das Bauvorhaben muss städtebaulich vertretbar sein. Dabei ist die angrenzende Bebauung zu betrachten. Eine Erschließung muss so erfolgen, dass angrenzenden Grundstücke nicht beeinträchtigt werden. Der Charakter des Ortsbildes ist nach Möglichkeit durch eine entsprechende Planung zu erhalten. Dabei spielen die Gebäudehöhen, Dachneigung und Firstrichtung eine wichtige Rolle.

In der Praxis ist das oft schwierig – man sieht das in Amendingen: das Gebiet ist meist nicht so homogen, dass es eindeutige Festlegungen gibt. Es gibt fast immer „Ausreisser“ die als Beispiel herangezogen werden können, z.B. in einem Gebiet mit Satteldach mit Giebeln gibt es ein Gebäude mit Flachdach und mehr Stockwerken.

Hier ein Beispiel:

Ein Gebiet, das überwiegend mit Gebäuden mit Satteldächern bebaut ist, soll ein Neubau entstehen. Es gibt keinen Bebauungsplan. Die vorgelegten Pläne orientieren sich am gegenüberliegenden Gebäude mit drei Stockwerken ohne Satteldach. Es soll ein ähnliches Gebäude entstehen. Wie verfahren? Der Bauwerber will viel unterbringen, die Stadt (Verwaltung und Stadtrat) wollen Gebäude mit Satteldach, das sich in die Umgebung mehr einpasst. Argument: Fehler von früher sollen nicht immer wiederholt werden.

Fazit

Einige Anmerkungen:

  • Durch das Landesentwicklungsprogramm wird von der Landesregierung schon sehr genau gelenkt was geschehen soll. Das ist einerseits notwendig, andererseits werden dadurch wichtige neue Aspekte (Umwelktschutz, Mobilität…) im Interesse der Landesregierung dargestellt. Daher die wichtige „Initiative zu einem besseren LEP“
  • Auf die regionale Entwicklungsplanung haben die Gemeinden tatsächlich großen Einfluss. In der Stadt Memmingen war im letzten Jahr dieser Regionalplan Tagesordnung, da er im Moment neu erstellt wird. Jetzt im Nachhinein ist uns erst klar, wie wichtig es gewesen wäre, sich damit genauer zu beschäftigen – als Verwaltung als auch als Stadtrat (einzeln und gesamt)
  • In der Bauleitplanung hat die Kommune tatsächlich ein starkes Instrument, die Gestaltung der Stadt zu regeln. Auch hier ist es wichtig, sich intensiv mit den Aufstellungen zu befassen.

In der Regel winken wir diese Rahmenbedingungen viel zu schnell durch und beschäftigen uns viel zu häufig dann mit den einzelnen Baueingaben (dies umfasst ca. 70% der Arbeit des Bauausschusses). Dies ist auch den zeitlichen und fachlichen Ressourcen der Stadträt:innen geschuldet.