Kempter Hof – ein Trauerspiel

Sondersitzung

Am 11.08. um 17:00 Uhr findet die von 6 Mitgliedern des Bauausschusses geforderte Sitzung des Plenums statt. Dies mitten in die Sommerpause des Stadtrates zu terminieren zeigt einerseits den Druck der hinter der Entscheidung steht andererseits auch eine gewisse Missachtung der Sommerpause des Stadtrates.

Aber: wir Stadträte selbst haben diese Sitzung gefordert.

Wir werden weiter für eine geänderte Planung kämpfen und dies mit vielen Argumenten untermauern können.

Und wir freuen wenn viele Besucher zu dieser Sitzung kommen.

Wie geht es jetzt weiter

Wir konnten von den Mitgliedern des Bauausschusses fünf Mitglieder gewinnen um das Vorhaben Kempter Straße noch im Plenum abstimmen zu lassen.

Damit ist noch nicht gesagt, dass es auch tatsächlich abgelehnt wird. Es liegt jetzt an uns, clever, gut und sachlich zu diskutieren und zu argumentieren, um eine Mehrheit zu bekommen.

Es gibt viele Gründe gegen das Vorhaben zu sein. Meine Forderung in der ersten Sitzung war ja schon auf die Frage wie wir uns denn die Planung vorstellen: „Das Gebäude muss deutlich kleiner werden, so gedreht werden wie das jetzige Gebäude und keine Parkplätze unter den Bäumen“.

Damit wären im Prinzip fast alle Probleme gelöst:

  • das Gebäude würde sich harmonisch in das städtebaulich bedeutende Ensemble einfügen
  • der Zugang zum Mulzergraben ist zugänglich wie bisher und ohne Einschränkung durch den Autoverkehr
  • Der Busparkplatz vor dem Grundstück für die Reichshainschule könnte ohne Einschränkung und ohne zusätzliche Gefährdung für die Kinder bestehen bleiben.
  • die Bäume könnten alle stehen bleiben
  • die Parkplatzsituation könnte zufriedenstellend gelöst werden

Zum Schluss anzubieten, keine Stellplätze zu bauen und sie abzulösen und damit das Parkproblem auf die Eigentümer / Mieter und die Nachbarn zu verschieben, war besonders perfide.

Es würde nur EIN neues Problem entstehen: der Gewinn des Bauwerbers würde kleiner werden.

Ganz aktuell

Meine Mail (siehe hier ganz unten) an die Ausschussmitglieder, den OB und die Verwaltung hat dann doch mehr Wirbel ausgelöst als ich dachte und wollte: ich wollte nur noch meine Meinung kundtun und habe gebeten, in Zukunft bei derart umstrittenen Fällen den Gestaltungsbeirat einzuschalten.

  • es hat sich Herr Damm vom Bauamt gemeldet und erklärt dass dieses mal die Zeit für den Gestaltungsbeirat zu kurz war, in Zukunft aber bei strittigen Fällen der Gestaltungsbeirat eingeschaltet wird
  • Herr Schwarz hat eine Mail geschickt, dass – wenn 5 Mitglieder (ein Drittel) vom Bauausschuss dies fordern, eine Abstimmung im Plenum stattfinden muss und er bittet um Rückantwort wer dem Ansinnen zustimmt – ich habe zugestimmt, dass dies im Plenum abgestimmt werden soll
  • mehrere Stadträte haben sich bei uns gemeldet
  • Herr Birk hat im Auftrag von Herrn Schilder geschrieben, dass es im Herbst eine Schulung für den Bauausschuss geben wird – auch eine Reaktion!

Ausschuss am 21.07.2020

Neben vielen anderen Punkten wurde im Bauauschuss vom 21.07.2020 auch über den Kempter Hof in der Kempter Str. 41 abgestimmt.

Bei der Abstimmung gab bei 7 zu 7 Stimmen die Stimme des OB den Ausschlag für die Zustimmung. Ein Trauerspiel wie wir finden. Wir sind entsetzt!

Kempter Hof. Bild Allgäuer Zeitung – im Hintergrund die schönen Kastanien

Zur Geschichte

Brefa hat das Grundstück gekauft und schon im alten Stadtrat Bauanträge gestellt. Im Bauauschuss im Juni wurde der Antrag wieder gestellt. Er wurde einstimmig abgelehnt.

Der Kempter Hof war/ist ein schöner Biergarten direkt am Kempter Tor. Wie bei bayerischen Biergärten üblich gibt es viele Kastanien. Brefa will 9 Wohnungen bauen und wollte unter den Kastanien (von den dreien übrig bleiben sollten und neue direkt vor den Südbalkonen der Bewohner gepflanzt würden) Parkplätze bauen. Aus Sorge um die Bäume wurde es abgelehnt.

Wir forderten: Das Gebäude muss kleiner werden.

Einen Monat später der selbe Antrag wieder. Gebäude gleich groß, dafür KEINE Parkplätze, sie lösen die Parkplätze ab. Wir finden das einen Skandal. Die Mieter / Bewohner der Wohnungen müssen sich in einer Gegend in der es kaum Parkplätze gibt, selbst um die Parkplätze kümmern.

Wir die Grün-Linke Fraktion haben gekämpft und verloren. Das ist besonders ärgerlich und eigentlich unverständlich, weil alle gegen die Größe des Vorhabens waren.

Es ist ein Trauerspiel. Wir machen uns stundenlang Gedanken über die Erhaltungs- und Gestaltungssatzung der Altstadt, wir bestellen einen mit hochkarätigen Professor*innen bestellten Gestaltungsbeirat. Und wenn es dann drauf ankommt, dies bei einem derart sensiblen Platz umzusetzen, scheitern wir kläglich.

Der Kempter Hof liegt tatsächlich direkt neben dem Geltungsbereich der Gestaltungssatzung. Es ist eine Versagen dieser Satzung, den Geltungsbereich so eng zu fassen, besonders um die Tore der Stadt Memmingen, dass Entscheidungen dieser Art möglich sind.

Ausschlaggebend war die Einschätzung des Rechtsamtes, dass alle Voraussetzungen für die Genehmigung gegeben waren und wir dem deshalb zustimmen müssen. Herr Mittenhuber, der Leiter des Rechtsamts hat da auch direkt auf unseren Stadtrat Rupert Reisinger geantwortet.

Wir sind der Meinung: der Stadtrat entscheidet politisch was wir für Memmingen richtig halten. Die Verwaltung hat dann Wege zu finden, diese umzusetzen! Uns ist bewusst, dass das nicht immer so geht. Aber dass die Verwaltung bestimmt, was wir zu entscheiden haben, geht gar nicht!

Hier der Kempter Hof, direkt anschließend an den Reichshain und 30 m vor dem Kempter Tor. Kaisergraben und Mulzergraben sind die Grenze des Geltungsbereichs der Erhaltungssatzung.

Hier eine Mail an den OB, die Mitglieder des Bauausschusses und die Verwaltung.

Sehr geehrter Herr Oberbürgermeister, sehr geehrte Damen und Herren

Die Entscheidung Kempter Straße im Bauausschuss beschäftigt mich immer noch sehr. Obwohl die Entscheidung gefallen ist möchte ich meine Gedanken zum Ausdruck bringen.

Wir haben in diesem Gremium und im Plenum viele Stunden über die Gestaltungs- und Erhaltungssatzung diskutiert. Sie soll beschlossen werden, um die Altstadt in seiner Schönheit zu erhalten und “Bausünden” früherer Jahre zu vermeiden.

Wir habe in diesem Gremium einen Gestaltungsbeirat diskutiert und beschlossen und diesen Beirat mit hochkarätigen Personen besetzt. Er soll den Ausschuss und Stadtrat bei schwierigen Entscheidungen unterstützen.

Die Kempter Straße – und da sind wir uns alle einige – befindet sich in einem hochsensiblen Bereich der Stadt. Direkt neben der Stadtmauer, am Eingang zur Stadt. Die Eingänge waren immer eine besondere Stelle, da kamen die Besucher, Kaufleute usw. an und erhielten einen ersten Eindruck von der Stadt, Und immer befand sich an dieser Stelle auch ein Wirtshaus für Gäste, die abends vor verschlossenen Toren standen oder auch nicht in die Stadt durften.

In der Gestaltungssatzung soll sehr genau festgelegt werden, wie gebaut und renoviert werden darf. Viele Dingen sind vorgeschrieben bzw. nicht möglich. So dürfen nur Gauben mit 1.30m Breite gebaut werden (Herr Jürgen Kolb hat dies im Plenum sehr anschaulich dargestellt), weil dies der historischen Gestalt und Größe entspricht.

Ich würde behaupten, das geplante und genehmigte Gebäude passt in keinster Weise in Größe und Form an diese historisch bedeutsame Stelle!

Die Frage – leider ist sie mir und keinem der anderen Anwesenden in der Diskussion eingefallen – warum wir dies nicht dem Gestaltungsbeirat vorgelegt haben (ohne jetzt nachgesehen zu haben, nach welchen Kriterien der Gestaltungsbeirat eingesetzt werden kann)

Hätte der Gestaltungsbeirat vorgeschlagen, das Gebäude passt in seiner Form und Größe an diesen historischen Ort, ja dann hätte ich diesem Vorhaben auch zustimmen können.

Mir ist durchaus bewusst, dass rechtliche Gegebenheiten unseren Entscheidungsspielraum in vielen Bereichen vorgeben. Gleichwohl müssen wir politisch denken und diskutieren. Dafür sind wir gewählt worden. Vielleicht bin ich auch zu neu in diesem Gremium, um immer nachvollziehen zu können, wann Befreiungen (Striegelstraße) gemacht werden und wann genau das Baurecht eingehalten wird (Kempter Straße). Meiner Meinung nach bestand keine Not, dies nach mehreren Anträgen der Bauwerber sofort zu beschließen. Man hätte noch einmal intensiv nachdenken können, ob es einen Weg gibt, das Gebäude kleiner zu bekommen und damit besser angepasst an diese Stelle.

Ich möchte mit dieser Stellungnahme keine weitere Diskussion anstossen. Die Entscheidung ist gefallen, Aber für alle weiteren umstrittenen Fälle möchte ich doch bitten an den Gestaltungsbeirat zu denken.

Mit freundlichen Grüßen

Rupert Reisinger

Fraktion Grüne / Linke