Mit Corona kommen die Krankenhäuser und vor allem die Beschäftigten an ihre Grenzen bzw. die Grenzen der Belastbarkeit sind weit überschritten. Auch die finanziellen Folgen sind für die Krankenhäuser und damit die Kommunen und Landkreise kaum noch zu bewältigen.
Es sind nicht nur die Menschen krank, sondern auch das Gesundheitssystem ist krank und sollte dringend auf die Intensivstation.
Deshalb haben die schwäbischen Landräte an den bayerischen Ministerpräsidenten Söder geschrieben – siehe weiter unten.
Krankenhaus Memmingen und der Haushalt 2021
Im Haushaltsentwurf 2021 ist das Krankenhaus Memmingen ein wichtiges Thema. Im Lauf der Jahre wurde ca. 25 Millionen Defizit angehäuft, die jetzt nach und nach in den Haushalt eingearbeitet werden. So wurden 2020 von den Rücklagen der Stadt bereits 12,55 Millionen für die Finanzierung verwendet. Für 2021 werden im Haushalt 5 Millionen als Ausgleichszahlung vorgesehen, „welche jedoch nicht ausreichen werden, da das Jahr 2020 nicht ausgeglichen wurde. Auch in den nächsten Jahren ist mit weiteren Ausgleichszahlungen in mindestens dieser Größenordnung zu rechnen.“ – so der Kämmerer von Memmingen.
Wir werden uns mit dieser Thematik in den Artikeln zum Haushalt ausführlich beschäftigen. Wir denken dass eine Finanzierung dieser Größenordnung für eine (zugegeben nicht arme) Stadt auf Dauer nicht zu leisten ist und auch nicht geleistet werden solle.
Es ist dringend notwendig das gesamt Gesundheitssystem unter die Lupe zu nehmen und zu reformieren.
Der Brief der schwäbischen Ländtat*innen

Am 15. Dezember 2020 haben neun schwäbische Landräte (nicht Memmingen) bezüglich der Krankenhausfinanzierung während der Corona Pandemie an den bayerischen Ministerpräsidenten geschrieben.
HIER der ganze Brief – unten die wichtigsten Auszüge:
„Zum anderen müssen unverzüglich Strukturen und Regelungen geschaffen werden, welche einen institutionalisierten Patiententransfer aus stark belasteten oder bereits lokal überlasteten Regionen fest regeln und somit ermöglichen, dass eine Überlastungslage bereits im Vorfeld geplant umgangen werden kann. Dies wird allerdings nur gelingen, wenn alle Krankenhäuser, die sich an einer solchen Kooperation beteiligen, eine entsprechende Ersatz-Vergütung für Ausfällen durch die Behandlung von COVID-Patienten erhalten.
Sehr geehrter Herr Ministerpräsident, wir möchten uns nicht ausmalen, welche Folgen es haben kann, wenn manche kleineren Krankenhäuser in den ländlichen Regionen sich für die Versorgung von COVID-19-Patienten abmelden und – aus dringenden wirtschaftlichen und somit nachvollziehbaren Gründen – weiter ihr planbares Geschäft machen. Die aktuell geltenden Regelungen auf Bundes- und Landesebene lassen jedoch eine solche Entwicklung befürchten. Daher bitten wir Sie, sich für eine unverzügliche Änderung der Finanzierungsreglung einzusetzen.„
Brief Susi Ferschl MdB und ein Antrag der Linken im Bundestag
HIER die Antwort von Susi Ferschl – unten die wichtigsten Auszüge
Grundsätzlich hält unsere Fraktion DIE LINKE. im Bundestag es für richtig, das wettbewerbliche System der Fallpauschalen durch ein Finanzierungssystem der Selbstkostendeckung zu ersetzen. Damit würden Verluste wie auch Gewinne weitgehend verhindert und die Krankenhäuser und ihre Träger könnten ihre Versorgungsentscheidungen alleine aufgrund der medizinischen Notwendigkeiten in der Region und im Einzelfall treffen.
HIER der Antrag der Fraktion Die Linke. im Bundestag – unten einige Auszüge:
Die Corona-Pandemie hat es noch einmal deutlich zu Tage gebracht: Jetzt ist die Zeit für einen Systemwechsel in der Krankenhauspolitik, der sich am Gemeinwohl orientiert und den ökonomischen Druck von den Krankenhäusern nimmt. Der Zweck eines Krankenhauses ist nicht, Profite zu erwirtschaften, sondern die Bevölkerung bedarfsgerecht zu versorgen. Krankenhäuser sind Teil des Sozialstaats. Sie in einen wirtschaftlichen Wettbewerb zu zwingen war ein politischer Fehler, der korrigiert werden muss.
Die Situation
- die derzeitige Finanzierung der Krankenhäuser steht im Gegensatz zu den sozialstaatlichen Grundsätzen des Krankenhausfinanzierungsgesetztes.
- die diagnoseorientierten Fallpauschalen (DRGs) untergraben das Finanzierungsystem
- die DRGs gehen an der Realität der Krankenhausversorgung vorbei. Was eine Leistung ist, wird dadurch „betriebswirtschaftlich verstümmelt“.
- dies führt zu vielfältigen Fehlanreizen: z.B. Mengenausweitungen bei lukrativen Diagnosen und Behandlungen (Operationen und apparative Diagnostik)
- sie sind Durchschnittskosten und erstatten nicht die konkreten Kosten des jeweiligen Krankenhauses.
- auch der tatsächliche Versorgungsbedarf der Bevölkerung einer Region spielt keine Rolle
- es steht immer mehr die Ökonomie im Vordergrund und nicht mehr das Wohl der Patient*innen
- Folge: Krankenhäuser werden geschlossen (allein 2020 in Zeiten von Corona 20 an der Zahl): 1991 waren es 2.400, aktuell gibt es 1.925 Kliniken.
- profitorientiert Träger übernehmen defizitäre Krankenhäuser und trimmen sie auf „Profit“
- seit 1990 hat sich die Zahl der privaten Krankenhäuser verdoppelt, ihr Anteil an den Betten verdreifacht: 2000 Anteil der Privaten bei 21,7%, 2018 waren es bereits 37,5%
Was wäre nötig
- es sind auf das Krankenhaus bezogene Budgets notwendig, die jährlich mit den gesetzlichen Krankenkassen verhandelt werden
- verbindliche und bedarfsgerechte gesetzliche Personalvorgaben für alle Berufsgruppen
- Bundesweit muss die Ermittlung des Bedarfs an stationärer Versorgung auf eine wissenschaftliche Basis gestellt werden
- Die strikte Unterscheidung zwischen den Sektoren – ambulant, stationär und pflegerisch – bei Planung und Versorgung soll sukzessive zu Gunsten einer sektorenübergreifenden Bedarfsplanung überwunden werden
- Für eine patientenorientierte Versorgung sind neue, das Krankenhaus ersetzende Therapieangebote im ambulanten Bereich nötig, aber auch die stärkere Einbeziehung der Krankenhäuser in das ambulante Leistungsgeschehen
- Eine öffentlich organisierte und bedarfsgerecht finanzierte Krankenhausversorgung erfordert auch, die Länder in die Lage zu versetzen, eine flächendeckende Krankenhausinfrastruktur zu sichern und für Neuanschaffungen, An- und Umbauten sowie Modernisierungen die erforderlichen Mittel bereitzustellen
HIER Die Linke. Themenseite Gesundheit und Pflege

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