Karl Marx und der Kapitalismus

Es ist jetzt schon einige Monate her, dass wir in dieser Ausstellung waren. Wir finden es aber gerade in heutigen Zeiten wichtig über Karl Marx und Kapitalismus zu sprechen. Wir / Ich sind der Überzeugung dass wir die Krisen unserer Zeit gerade nicht mit dem Wirtschaftssystem lösen können die diese Krisen erzeugt. Dazu gehören Klimakrise, Kriege, Umweltzerstörung, Ausbeutung der Menschen (vor allem im globalen Süden aber auch immer mehr bei uns).

In Zeiten von Ukraine-Krieg über Karl Marx zu sprechen scheint geradezu verwegen. Man wird sofort zu einem Putin-Versteher – was gibt es schlimmeres in diesen Zeiten. Aber was hat Putin – was hat das heutige Russland mit Karl Marx zu tun? Was hatte die ehemalige Sowjetunion mit Karl Marx zu tun?

Vielleicht ist es gerade in diesen Zeiten nötig wo Krieg und Aufrüstung wieder viel Zustimmung finden, über Karl Marx zu sprechen. Vielleicht hängt das alles viel mehr mit Kapitalismus zusammen als manche meinen mögen. Eins scheint sicher: Krieg ist immer ein Gewinn für die Reichen und Mächtigen (die Kapitalisten) und immer ein gewaltiger Verlust für die Armen. Und von denen bezahlen viele auch noch mit dem Leben.

Definition Kapitalismus Wikipedia: Kapitalismus bezeichnet zum einen eine spezifische Wirtschafts – und Gesellschaftsordnung, zum anderen eine Epoche der Wirtschaftsgeschichte. Die zentralen Merkmale sind in Anbetracht des historischen Wandels und der zahlreichen Kapitalismusdefinitionen sowie ideologischer Unterschiede umstritten. Allgemein wird unter Kapitalismus eine Wirtschafts- und Gesellschaftsordnung verstanden, die auf Privateiegentum an den Produktionsmitteln und einer Steuerung von Produktion und Konsum über den Markt (Marktwirtschaft) beruht.[1] Als weitere konstitutive Merkmale werden genannt: die Akkumulation (für manche das „Herzstück“, Hauptmerkmal und Leitprinzip des Kapitalismus), „freie Lohnarbeit “ und das „Streben nach Gewinn im kontinuierlichen, rationalen kapitalistischen Betrieb

Diese Ausstellung war im Deutschen historischen Museum bis zum 21.August 2022 zu sehen. Wir waren in dieser Ausstellung und – wir können es nicht anders sagen – ziemlich beeindruckt. Es gibt ein gleichnamiges Buch zu dieser Ausstellung, das die einzelnen Abschnitte noch viel ausführlicher darstellt.

Es geht hier nicht um eine Bewertung von Marx, sondern um eine Darstellung der Aussagen in der Ausstellung zu Marx. Es gibt auch keine Bewertung der Ausstellung. Allein die Inhalte der Ausstellung darzustellen ist Aussage genug über Karl Marx und seine Gedanken.

Vorneweg noch einige Anmerkungen

Marx lernte Zeit seines Lebens dazu und hat seine Meinung mit besseren Fakten immer wieder geändert und angepasst. Zeit seines Lebens wurde von ihm nicht viel veröffentlicht (auch weil er immer wieder änderte). Und die Veröffentlichungen wurden bei jeder Ausgabe auch immer wieder überarbeitet. Das ist bei Wissenschaftlern (Marx halte ich eher für einen Wissenschaftler als für einen Philosophen) nicht so häufig anzufinden. Ein Punkt der in jedem Bereich der Ausstellung herausgearbeitet wurde.

Er war dann doch wieder Philosoph, weil er die Dingen „ihrem Wesen“ nach durchdachte. So untersuchte er nicht den Kapitalismus in einzelnen Staaten und machte daraus eine wissenschaftliche Aussage, sondern er versuschte den Kapitalismus „seinem Wesen“ nach zu durchdringen. Von daher sind seine Aussagen auch heute noch in vielen Bereichen gültig und werden von den Wirtschaftswissenschaften auch teilweise anerkannt und übernommen. Er ist immer noch aktuell. Dies wurde in der Ausstellung sehr schön heraus gearbeitet.

Noch drei Aspekte die über Marx so nicht bekannt sind, aber in der Ausstellung dargestellt wurden: Marx dachte global. Auch das ein Lernprozess. Am Anfang fand der die Kolonien Englands in Indien gut, später sah er deutlich die Zusammenhänge und die Ausbeutung des Menschen in der Welt ausgehend von Europa. Er fing an global zu denken. Der zweite Aspekt ist der ökologische Gedanke. Auch hier finden sich bei Marx viele Beispiele und eine Entwicklung in seiner Lebenszeit. Der dritte Punkt ist die Emanzipation der Frauen. Er meinte, eine freie emanzipierte Gesellschaft ist ohne emanzipierte Frauen nicht möglich. Auch hier seiner Zeit und seinen Zeitgenossen weit voraus.

Die Umfrage

Im Eingangsbereich wurde eine Umfrage zu Marx gezeigt.

Fragedafür dagegenkeine Meinung
Marx‘ Kapitalismuskritik dazu beitragen kann, die Probleme der Wirtschaft besser zu verstehen43%22%33%
bei den 16-20 jährigen und 55-64 jährig60%
War Marx ein Wegbereiter für Diktatur und Gewalt33%33%34%
kann Marx‘ Idee von Kommunismus noch eine Orientierung geben26%41%33%
positivnegativkeine Meinung
Bewertung27%22%51%

Die Bereiche der Ausstellung

Von der Religions- zur Gesellschaftskritik

Um 1840 wo nur die Schweiz eine Republik waren und nur England und Belgien das Parlament die Macht hatte, entfaltete Religionskritik politische Sprengkraft. Marx war da nicht der einzige. Aber für Ihn war Religion auch immer Kritik am Obrigkeitsstaat. So wie die Religion von Menschen „erschaffen“ wurde, ist auch die staatliche Ordnung und die kapitalistische Produktionsweise von Menschen erschaffen. Dies war für Marx mit einem allgemeinen Macht- und Kontrollverlust verbunden, sozusagen mit einer „Entfremdung“. Hier ganz am Anfang taucht das Konzept der Entfremdung bereits auf.

Judenemanzipation und Antisemitismus

Um 1840 bildete sich erste Ansätze eines linken Antisemitismus heraus – ausgehend von den Spekulationsskandalen beim Eisenbahnbau. Auch Marx verwendete judenfeindliche Sterotype in seinem Aufsatz „Zur Judenfrage“. Er verhinderte aber auch judenfeindliche Aussagen als Herausgeber nicht, auch in privater Korrespondenz gebrauchte er judenfeinldiche Aussagen. Die politische Emanzipation der Juden unterstützte er immer ausdrücklich, in seinen späteren Schriften verschwanden auch die Sterotype.

Revolution und Gewalt

Im Vorfeld der Revolution entwickelten Marx / Engels im „Manifest der kommunistischen Partei“ ein revolutionäres Grundsatzprogramm in dem sie einen Umsturz der bisherigen Gesellschaftsordnung als notwenig ansahen, später sah er darin einen sich über einen längeren Zeitraum hinweg erstreckenden Prozess. DA „Revolutionskonzept“ sah er als notwendiges Resultat der sozialen Wirklichkeit, andererseits als Ergebnis von sozialen und politischen Kämpfen. Er lehnte es zeitlebens ab Anforderungen an eine kommunistische Gesellschaft vorzustellen – dies würde sich erst in der Umgestaltung der Gesellschaft herausstellen. Er war kritisch gegenüber jeglichen Utopismus.

Neue Technologien

Marx sah den enormen technischen Umbruch positiv, da sie die Produktivität und den Reichtum steigere und so eine Verkürzung Der Arbeitszeit ermögliche. ER hob damit ihr ungeheueres fortschrittliches Potential als auch ihr extrem destruktives Element. Beides waren für ihn die Kehrseiten derselben Medaille. Kapitalismus ohne dieses destruktive Element sah er als nicht möglich an. Er sah auch die im Reichtum entstehende Armut, die Arbeitsbedingungen vor allem auch von Frauen und Kindern mit der massenhaften Proletarisierung. Zunehmend sah er die Arbeiter*innen als lebendiges Zubehör von Maschinen.

Natur und Ökologie

Was bisher kaum bekannt war: Marx beschäftigte sich auch mit ökologischen Themen. Die beginnende Industrialisierung der Landwirtschaft sah er als „Raubsystem“, das die natürlichen Grundlagen zerstöre. Er sah dass die kapitalistische Produktion die „Springquellen allen Reichtums…“ zerstört. Die Zerstörung des Bodens spielten anlässlich einer stark wachsenden Bevölkerung eine Rolle. Er sah Ernährung als globales Problem, ebenso die Zerstörung der Wälder. Er war überzeugt, in einer zukünftigen Gesellschaft werde der Mensch seinen „Stoffwechsel mit der Natur rationell regeln.

Ökonomie und Krise

Die Weltwirtschaftskrise von 1857 veranlasste Marx über die „Grundzüge der Ökonomie“ nachzudenken. Diese Überlegungen waren die Grundlage für „Das Kapital“. Nicht Überspekulation sondern Überproduktion ist die Ursache der Krise. Marx arbeitet die prinzipielle Krisenhaftigkeit des Kapitalismus heraus. Er sah auch immer mehr die globalen Zusammenhänge des Kapitalismus. Ausgehende vom Privateigentum an Produktionsmitteln arbeitet er seine Überlegungen zu Ausbeutung, zum Mehrwert und zum Wachstumszwang heraus.

Kämpfe und Bewegungen

Mit dem Durchbruch der industriellen Produktionsweise weiteten sich seit 1860 die von Arbeitern und auch von Arbeiterinnen getragenen Gewerkschaftsbewegungen aus. So war er 1864 Mitbegründer der internationalen Arbeiterassoziation. Er verfasste nahezu alle Aufrufe. Resolutionen und Berichte. Er vermittelte zwischen den verschiedenen Strömungen. Im Generalrat der seinen Sitz in London hatte wurden die vielfältigen Fragen der Sozial-, Arbeiter- und Innenpolitik diskutiert. Debatten wurden geführt über Arbeitszeit, Frauenemanzipation und Strategien zur Überwindung sozialer Ungleichheit. Dialoge mit Bakunin (einem Anarchisten) mit Ferdinand Lasalle (einem Sozialdemokraten) und Victoria Woodhull (eine frühe Feministin) werden vorgestellt.

Rezeption und Wirkung

Das alte Grab von Marx ist nahezu im Originalzustand erhalten. Ein „großes“ Grab wurde 1956 am Eingang mit einer großen Bronzebüste auf einem 2 Meter hohen Sockel. Mit der Gegenüberstellung soll die Unterscheidung zwischen dem historischen Marx und dem „idealisierten“ Marx des 20. Jahrhunderts dargestellt werden. Zum Zeitpunkt seines Todes waren der größte Teil seiner Manuskripte unveröffentlicht. Wie konnte er so geschichtswirksam werden? Marx ist zweifelsohne der am meisten diskutierte und am weitesten bekannte Philosoph der Welt. Seine Werke – besser gesagt seine Idealisierung und seine Instrumentalisierung – hatten und haben großen Einfluss auf die Entwicklung der Welt. Es wird diskutiert was uns der historische Marx noch zu sagen hat, aber auch die Mechanismen und Prozesse einer ideologischen Deutung von Marx.

Marx und Wagner

In diesem und nächstem Jahr wird es in diesem Zusammenhang noch eine zweite Ausstellung mit dem Titel: „Richard Wagner und das deutsche Gefühl“ geben.

Begründet wird das mit zwei Punkten:

  • Es gibt einen Zusammenhang zwischen dem Deutschen historischen Museum als Gebäude und Marx und Wagner: 1848 wurde Marx der Herausgeber der Rheinischen Zeitung, die er zum Sprachrohr der revolutionären Demokratiebewegung machte und Wagner veröffentlichte anonym seine Schrift „Die Revolution“. 1848 wurde auch das Zeughaus (heute Museum) das als Militärdepot diente von revolutionären Arbeitern gestürmt.
  • George Berhnard Shaw hat als erster auf die Parallele von Marx: Das Kapital und Wagner: Tristan und Isolde hingewiesen. Er deutet beides als Kapitalismus-kritik. Marx und Wagner, beide 1883 verstorben wurden zu Kultfiguren in gegengesetzten Lagern: Marx von links, Wagner von rechts. Es mehr die Ähnlichkeiten dargestellt werden um so greller treten die Unterschiede zu Tage. In der Judenfrage z.B. trat Marx für die Emanzipation ein, Wagner entwickelte sich immer mehr judenfeindlich.