Energie, Mobilität und Klima
Ganz aktuell zur UN-Klimakonferenz: SZ – Die Europäer haben in Scharm el-Scheich weniger als nichts erreicht – HIER – China ist der größte Bremser aller weltweiten Bemühungen um Zusammenarbeit. Die Klimapolitik droht unter die machtstrategischen Räder zu geraten. Das ist gefährlich wie nie.
Anlässlich des Energieberichts der Stadt Memmingen für 2021 hier zuerst eine allgemeine Darstellung der Problematik. Den Energiebericht werden wir die nächsten Tage genauer vorstellen.
SZ: „Klimahölle“ oder „Wir schaffen das“ – Die Welt will den Klimawandel bremsen, tut aber nicht genug dafür. Ist das jetzt Grund zu Hoffnung oder zum Verzweifeln? HIER der Artikel.
Die Klimakrise verstärkt sich, das 1,5° Ziel ist laut der Mehrheit der Wissenschaftler nicht mehr zu erreichen. HIER ein Artikel dazu auf unserer Seite. Ein Anstieg um 2° hätte drastische Folgen. Es treten vermehrt sich selbst verstärkende Effekte auf. HIER ein Bericht: Folgen der Klimakrise: 1,5 Grad versus 2 Grad.
Am 2. März 1972 wurden “Die Grenzen des Wachstums. Bericht des Club of Rome zur Lage der Menschheit” veröffentlicht und seitdem immer wieder aktualisiert. Die Vorhersagen haben sich im wesentlichen bestätigt. HIER die Seite des Club of Rome mit vielen Informationen
Die meisten Wissenschaftler:innen sind der Meinung, dass die Menschheit nur noch begrenzt Zeit hat, Maßnahmen zu ergreifen, die Klimakatastrophe abzuwenden – sie sprechen von ca. 30 Jahren. Das ist eine so kurze Zeitspanne, dass Veränderungen sofort und mit viele Konsequenz erfolgen müssten.
Der Ukraine-Krieg hat schlagartig das Energiethema in den Fokus gerückt. Durch den Wegfall der russischen Gaslieferungen ist die Energiesituation vor allem in Deutschland extrem angespannt. Jetzt rächt sich, dass in den letzten Jahren, ja Jahrzehnten was den Klimaschutz und die Energieeinsparung betrifft viel zu wenig geschehen ist, und auch der Umstieg auf alternative Energien gebremst, verzögert und behindert wurde. Vor allem in Bayern.
Allerorts finden Veranstaltungen zu Mobilität und Energie statt. Bedingt durch die Energiekrise ist das Thema selbst bei der CSU angekommen. Angekommen bedeutet: geredet wird über das Thema schon länger und die Wichtigkeit wird ja auch schon seit einigen Jahren betont. Aber jetzt ist man zumindest soweit, dass Konzepte erstellt werden und die Dringlichkeit immer wieder betont wird. Es wird auch von neuen Wegen gesprochen.
Auch die vielen UN-Weltklimakonferenzen seit 1992 haben an der Situation nichts wesentlich geändert. 2007 wurde in Kyoto das Kyoto-Protokoll beschlossen, wo erstmals rechtlich verbindliche Ziele für Emissionshöchstmengen für Industrieländer international festgelegt wurden. 2015 in Paris wurde das 1,5° Ziel beschlossen, das jetzt von den Wissenschaftler:innen als gescheitert bezeichnet wird. Die letzte dieser Konferenzen fand / findet vom 06.-18.11.2022 in Scharm asch-Schaich statt – Ergebnis offen. HIER eine Liste aller UN-Klimakonferenzen.
„Karussell des Wahnsinns“
Dass diese Klimakonferenz einen Durchbruch bringen wird ist unvorstellbar. Die BBC berichtet, dass bei dem Gipfel mehr als 600 Lobbyisten für Öl, Kohle und Gas dabei sind. Ein großer Teil davon ist sogar als Teil von Delegationen der Staaten angereist. Prof. Dr. Claudia Kemfert sagt: Diese Menschen sind definitiv nicht im Sinne des Klimaschutzes unterwegs. Sie spricht von einem „Karussell des Wahnsinns“. (Ihr jüngstes Buch „Mondays for Future – Freitags demonstrieren, Samstags diskutieren und am Montag anpacken und umsetzen“ erschien im Frühjahr 2020 – HIER mehr Infos zu Frau Kemfert.
Alle Konzept sind wohlklingende Forderungen, die jeder unterstützen kann. Es fehlt in ALLEN Konzepten: konkrete Maßnahmen, ein konkreten Zeitplan, konkrete Kosten und es fehlt in der Folge an konkreten Beschlüssen.
So auch in Memmingen. Es gibt ein Klimaschutzkonzept, eine Mobilitätskonzept, es gibt Energieeinsparungen. Alles im Ungefähren, ohne konkret zu werden. Keine Aufstellung der Kosten, keine Zeitrahmen in dem was umgesetzt werden soll. Die Stadt hat angesichts der Energiekrise Energieinsparungen beschlossen. Natürlich ohne Stadtrat und ohne den Stadtrat hinterher zu informieren. Nach mehrmaligen Aufforderungen erhielten die Stadträt:innen ein drei-seitiges Schreiben mit beschlossenen Maßnahmen – Unserer Meinung nach keineswegs ausreichend.
Am Montag den 21.11.2022 wird der Energiebericht 2021 im Memminger Stadtrat behandelt. Den Bericht haben wir am Donnerstag den 17.11.22 um 16:00 Uhr erhalten. Es bleiben drei einhalb Tage Zeit sich damit bis zu Sitzung zu beschäftigen.
Verzweiflung…
Alle Fakten und das Verhalten von Politik und Wirtschaft sprechen dafür, dass die Welt 2100 wesentlich anders ausschauen wird und in vielen Teilen unbewohnbar. Wir hinterlassen unseren Kinder und Enkeln große Probleme.
Und wir können nicht sagen, wir hätten es nicht gewußt. Die Fakten liegen klar auf dem Tisch und es ist auch hinreichend bekannt wie wir handeln müssten.
Die geballte Wirtschaftsmacht – der Kapitalismus – verhindert jede wesentliche Änderung, siehe oben Lobbyisten auf der UN-Klimakonferenz. Solange immerwährendes Wirtschaftswachstum (auch bei den Stadträten von CSU/FDP/CRW/FW in Memmingen) an oberster Stelle steht und Umsatz- und Gewinnsteigerungen gefordert sind, wird sich nichts ändern. Die Macht liegt nicht auf der Seite der Menschen, die für Klimaschutz handeln. Und solange ein Herr Lindner sich vom Chef von Porsche beraten lässt und Gespräche mit dem Bund Naturschutz entschieden ablehnt – wird sich nichts ändern. Und solange aberwitzige Summen in Militär und Rüstung gesteckt wird, wird sich nichts ändern. Uns solange die Lobbyisten der fossilen Energieträger in großer Zahl in allen Gremien sitzen, wird sich nicht ändern“. Und solange das Autos das Status-Symbol schlechthin bleibt, wird sich nichts ändern.
Die Energiekrise zeigt noch mehr: „Drei Zimmer, Küche, bankrott“ titelt der Spiegel und fährt dann fort: „Erst explodierten die Mieten, dann die Kaufpreise, danach die Zinsen. Und jetzt auch noch die Nebenkosten. Der Wohnungsmarkt ist außer Kontrolle, da hilft auch keine Gaspreisbremse. Gesellschaftlich tickt eine Zeitbombe.“
Es geschieht viel zu wenig und dies wird in den nächsten deutlich Jahren sichtbar werden! Die Naturkatastrophen (Hitzeperioden, Überschwemmungen, Stürme) werden zunehmen.
… und Hoffnung
Aber es gibt Hoffnung. Es wird eine Zeit kommen – und dazu können die fortschrittlichen Kräfte beitragen – wo eine andere Grundstimmung herrschen wird und die Zeit für grundlegende Änderungen offen ist. Es wird irgendwann in naher Zukunft eine Bereitschaft für große Änderungen geben. Wir hoffen dass es dann nicht zu spät ist.

Hoffnung machen auch viele junge Menschen bei „Friday for future“ und die vielen jungen Menschen bei „Lost generation“. Lost generation meint nicht, dass sie die letzte Generation auf diesen Planeten sind – sie sind die letzte Generation die die nötigen Änderungen umsetzen kann. In 30 Jahren ist es dann zu spät.
Es ist ein Skandal wie diese jungen Menschen – vor allem in Bayern als Terroristen beschimpft und kriminalisiert werden. Sie 30 oder 60 Tage weg zusperren ist unvorstellbar. Für den tragischen Tod der Radfahrerin in Berlin die Aktivit:innen verantwortlich zu machen und von Mord zu sprechen ist skandalös. Es wird auch nicht groß richtig gestellt, nachdem die Notärztin einen Zusammenhang ausgeschlossen hat.
Wenn man von Verantwortung über Tode auf den Strassen sprechen kann, dann durch das Ablehnen von Geschwindigkeitsbeschränkungen von CSU/CDU und vor allem FDP auf deutschen Autobahnen. Durch eine Beschränkung auf 130 km könnten jedes Jahr in Deutschland nach Berechnungen von Wissenschaftlern ca. 120 Menschenleben gerettet werden. Darüber wird nicht geredet obwohl es einen direkten Zusammenhang gibt.
Was macht uns Mut:
- Corona hat gezeigt, wie schnell sich der Planet erholen kann, wenn die Wirtschaft weniger wird – und weniger muss nicht heissen schlechter: wir können schlauer produzieren und vielerorts wird das bereits getan
- Es gibt in der Welt, vor allem auch in Afrika, Südamerika und Asien hoffnungsvolle Ansätze
- Auch in Deutschland findet ein Umdenken statt. Es gibt viele „Bewegungen des Wandels“ — HIER
- Wir alle hoffen, dass sich in den nächsten Jahren auch in USA die Vernunft durchsetzen wird
- Wir haben noch etwas Zeit: in 20 Jahren kann viel passieren, auch Entwicklungen die wir uns heute überhaupt nicht vorstellen können
- Der Zusammenbruch der Sowjetunion und die Wiedervereinigung war Monate vorher nicht vorstellbar
- Die vielen Initiativen in vielen Städten, so wie KIMM Klimaintitative e.V.
Lasst uns auch in Memmingen aktiv werden, um Veränderungen zu erreichen. Werde Mitglied bei KIMM Klimainitiative e.V. HIER
Neue Wege denken … und gehen
Es kommt inzwischen in jedem Vortrag mindestens einmal vor, „neue Wege zu gehen“. Die neuen Wege erweisen sich bei näheren Hinsehen als alte Wege in (vielleicht) neuem Kleid.
Was gewinnen wir:
- Lebensqualität gewinnen, indem wir weniger konsumieren. Wenn jeder für sich mal ausrechnet, wieviel Zeit durch Einkauf (und auch wieder Entsorgung) von oft nicht benötigten Gegenständen verloren geht, wird schnell klar wieviel Zeit wir für Familie, Freunde, Nachbarn hätten. HOLEN WIR UND DIESE ZEIT ZURÜCK.
- Lebensqualität gewinnen in dem wir weniger arbeiten. Konsum und Arbeit hängen zusammen. Würden wir weniger sinnlose Produkte produzieren und konsumieren, könnten wir weniger Arbeiten. Allein ein Auto kostet im Monat 500€. Würden wir Gegenstände produzieren, die lange halten und reparierbar sind, könnten alle deutlich weniger Arbeiten. HOLEN WIR UNS DIESE ZEIT ZURÜCK.
- Lebensqualität gewinnen in dem wir weniger Autofahren. Abgesehen von den Kosten für jeden einzelnen, verstopfen Autos unsere Städte – sowohl beim Fahren und vor allem auch beim Stehen (90% der Zeit stehen Autos auf öffentlichen Grund). Fordern und unterstützen wir Car Sharing an vielen Stellen, in allen Dörfern. Wir können uns nicht mehr vorstellen wie Städte ohne Autos ausschauen. HOLEN WIR UND UNSERE STÄDTE ZURÜCK.
- Lebensqualität gewinnen in dem wir … jeder findet sicher noch viele weitere Wege
Wir sind nicht diejenigen die Angst machen und verhindern und verbieten wollen – dies wird uns ja fortwährend vorgeworfen. Wir fordern alle auf, nachzudenken wer Angst macht.
Und in Memmingen:
- Überlegen wir wie wir den Lieferservice der Einzelhändler ausbauen können, damit alle weniger mit dem Auto in die Stadt fahren müssen
- bauen wir den ÖPNV auch in den ländlichen Bereich groß aus, mit Kleinbussen, Ruf-Bussen usw. Es gibt viele Konzepte und Überlegungen.
- bauen wir an den Eingangsstraßen Parkplätze mit ÖPNV-Anbindung, damit wir nicht mit dem Auto in die Innenstädte fahren müssen.
- Bauen wir die Fahrradwege massiv aus, damit Fahrradfahren sicherer und einfacher wird
- Fordern wir die Politiker (Stadträt:innen) auf, etwas von den Bürger:innen zu fordern und zu fördern.
Was hindert uns daran:
- Die geballte Werbemacht der Wirtschaft: es ist unglaublich, wieviel Werbung jede Wochen allein mit dem Kurier frei Haus kommt. Der ganze Tag ist eine einzige Dauerwerbeveranstaltung: auf den Straßen, in den Medien, im Fernsehen, beim Sport – immer und überall.
- Und warum: die Wirtschaft muss wachsen.
- Unsere Bequemlichkeit: vieles erleichtert unser Leben und wir denken nicht mehr nach, dass es auche andere Wege geben könnten.
Was muss wachsen
Inzwischen ist jedem klar, dass beim Thema Energie an erster Stelle die Einsparung stehen muss. Je weniger Energie ein Gebäude verbraucht, umso weniger muss ich fördern, transportieren und bezahlen. Das betrifft alle Formen von Energie und alle Bereiche in denen Energie verbraucht wird, auch die Industrie. In diesem Zusammenhang ist auch zu überlegen, wieviel Platz sprich Wohnfläche wir brauchen. Je Kubikmeter muss beheizt werden.
Das betrifft auch den ganzen Bereich der Mobilität. Es braucht Elektroautos, die weniger verbrauchen. Aber es wird nicht möglich (und auch nicht sinnvoll sein) die gleiche Anzahl von Autos zu betreiben. Es braucht vor allem WENIGER Verkehr, ähnlich des Energieverbrauchs. Weniger Verkehrt bedeutet auch vor allem weniger Güterverkehr, das bedeutet weniger Produktion, weniger Konsum. Weniger Kosum bedeutet weniger privater Verkehr. Die Vorstellung, „Grüner Kapitalismus“ ist eine Lösung, wird nicht funktionieren. Egal wie die Güter produziert werden, benötigen Sie Rohstoffe und sie müssen alle transportiert werden.
Wir fordern auch hier keinen Verzicht, ein paar wenige Punkte:
- wir fordern sinnvolle Geräte, die reparierbar sind
- wir fordern regionale (am besten biologische) Lebensmittel. Es ist keine Verzicht, wenn die Butter nicht aus Irland kommt sondern aus dem Allgäu
- Wir fordern die Produktion der meisten Güter in Europa und eine faire Bezahlung der Rohstoffe
- wir fordern KEINEN Verkauf von Infrastruktur und gesellschaftlichen Eigentum , z.B. Hamburger Hafen
- usw.
Jedem sollte es einleuchtet, dass es auf einem endlichen Planeten kein unendliches Wachstum geben kann – und auch nicht geben muss. Ein Wirtschaftssystem das genau das fordert und verlangt kann keine Lösung sein. Ein Wirtschaftssystem das für die Probleme die wir haben verantwortlich ist, kann nicht die Lösung des Problems sein.
Der evangelische Theologe und Psychologe Ulrich Duchrow hat es in einem Vortrag so formuliert: „Ein System das die Erde und die Menschen zerstört, gehört ersatzlos gestrichen“. Genauer hat er dies in seinem Buch „Solidarisch Mensch werden. Psychische und soziale Destruktion im Neoliberalismus – Wege zu ihrer Überwindung“ (mit Reinhold Bianchi, René Krüger und Vincenzo Petracca).
Lasst uns von Revolution reden
Ein großes Wort und Schreckgespenst aller Machthaber. Aber nicht weniger ist nötig, um die Klimakrise in den Griff zu bekommen. Der Zusammenbruch der Sowjetunion und des Warschauer Paktes und die Wiedervereinigung wird als Revolution bezeichnet, als friedliche Revolution. Und genau diese brauchen wir jetzt auch.
Wenn wir es nicht schaffen, demokratisch zu bestimmen, was und wie wir produzieren, werden wir das Klima nicht in den Griff bekommen.
Wir brauchen eine Gemeinwohl-Wirtschaft. Die Gemeinwohl-Ökonomie etabliert ein ethisches Wirtschaftsmodell. Das Wohl von Mensch und Umwelt wird zum obersten Ziel des Wirtschaftens. HIER weitere Infos zur Gemeinwohlökonomie. HIER viele weitere „ähnliche Ansätze“Bewegungen des Wandels“.
Zum Schluss Oskar Maria Graf und Konstantin Wecker
Zum Schluss zwei bayerische Originale – aus verschiedenen Zeiten aber doch im Denken sehr verwandt.
Frei nach Konstantin Wecker: Der große bayerische Dichter Oskar Maria Graf berichtet in seiner Autobiografie „Gelächter von aussen“von einer Versammlung der Linken im Mathäserbräu am Stachus zur Zeit der Räterepublik in München. Die Genossen streiten über das Für und Wider der Revolution. Die hitzige Diskussion wird immer wilder, bis schließlich der eher konservative Sozialdemokrat „Seppi“ Zankl das Schlusswort spricht und das Wesen des Münchner Revoluzzers auf den Punkt bringt : „Noja, Genossen, machn mir hoit a Revolution, dass a Ruah is -!“
Revolution und Ruhe, das bringt wohl nur der Bayer zusammen.
Papst Franziskus fordert angesichts des Faktums dass wir den Planeten „konsequent in eine Müllhalde verwandeln“ eine kulturelle Revolution. Das Wort Revolution aus dem Mund eines Papstes ist doch grandios. Also: dann machn mir hoit mit Gottes Segen a Revolution, dass a Ruah is .
frei nach Konstantin Wecker bei Songs an einem Sommerabend 2015 Kloster Banz.
- HIER das Konzert auf Kloster Banz (im Besitz der CSU-nahen Hanns-Seidel-Stiftung und dient als Tagungsstätte) – hörenswert
- HIER Bericht SZ über „Gelächter von aussen“: Revolte eines Heimatdichters

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