12 x 2022

Das Jahr 2022 in 12 Kapiteln – und immer dreht es sich um DEMOKRATIE und MENSCHENRECHTE. Wenn auch in unterschiedlichen Ausprägungen und Blickwinkeln.

Dezember 2022 – die Moral

Weltmeisterschaft und deutsche Aussenpolitik. Der moralische Impuls zur WM in Katar ist ein Fortschritt zur WM 1978 in Argentinien. Damals war die argentinische Junta der Gastgeber. Der damalige DFB-Präsident befahl den Spielern für den Fall des Finaleinzugs, deren Chef die Hand zu geben. Einen prominenten Alt-Nazi lud er ins Trainingslager ein, wozu der Bundestrainer sagte, warum solle er ihn nicht begrüßen, er hat im Krieg Hervorragendes geleistet. Und ein Spieler fügte an, dass dort gefoltert werde, belaste ihn nicht, er habe anderen Probleme. Wir Deutschen haben die Neigung, ein Thema jedweder Art ausgiebig auf seine moralische Komponente abzuklopfen. Eigene Maßstäbe werden absolut gesetzt, Differenzierungen nicht mehr vorgenommen. Es wird kein Unterschied mehr gemacht zwischen einer Junta, die Oppositionelle einst lebend aus Flugzeugen in den Rio de la Plata warf (oder einem Regime, das in der Gegenwart einen Menschen im Generalkonsulat ermordet und zerhäckselt) – sowie einer konservativen islamischen Gesellschaft. Wenn ein homophober WM-Botschafter Katars im ZDF jede Homosexualität zum „geistigen Schaden“ erklärt, dann wäre es wenigstens zu etwas gut, wenn die Verachtung für den Mann dazu führt, dass sich schwule Bundesligaspieler ab sofort gefahrlos outen dürfen – was auch hier nicht geschieht.

Aber es ist immer so: moralische Ansprüche sollten zuerst bei sich selbst angelegt werde. Das gilt auch für die zunehmend „moralische deutsche Aussenpolitik von Annalena Baerbock. Aussenpolitik sollte unsere Interessen vertreten ohne die Interessen der anderen Völker und Staaten mit Füssen zu treten. Apropos Katar: Das Gas aus diesem so „unmoralischen“ Land wollen wir schon. Aber das Problem jetzt beim Fussball ist nicht Katar, es ist die FIFA, ein vollkommen korrupter Verband und vollkommen dem Geld verfallen.

Wichtig ist, überall dort diejenigen Menschen unterstützen die für Menschenrechte und Demokratie eintreten – dies aber leise und nicht besserwisserisch. Es gibt vielleicht je nach Kultur und Vergangenheit andere Ausprägungen von Demokratie.

Am 31. Dezember: „Wir sind Papst“- Benedikt XVI – Joseph Ratzinger gestorben, Theologe, Kardinal, Papst. Der zweite deutsche Papst (nach 450 Jahren), der zweite der zurückgetreten ist (nach Papst Coelestin V. am 13. Dezember 1294). Ab 1981 war Präfekt der Kongregation für die Glaubenslehre, der Nachfolgeorganisation der Inquisition, äusserst konservativ, Missbrauchsfällen in der katholischen Kirche gegenüber „indifferent“.

November 2022 – die Energie

Bis zu 200 Milliarden Euro will die Bundesregierung ausgeben, um Verbraucher und Unternehmen vor hohen Energiepreisen wegen des Ukraine-Kriegs zu schützen. Es wurden drei Entlastungspakete auf den Weg gebracht – HIER die Details. Es wird viel getan, für viele Bürger wird es trotzdem eng. Alle Maßnahmen sind Flickwerk und oft was die Energie betrifft einmalige Angebote.

Was fehlt ist ein durchgängiges Konzept und eine dauerhafte Lösung. Es brauch einen Energiedeckel und es brauch zumindest ein Angschüpfung der „Übergewinne“ der Energiekonzerne. Im Grunde muss die Energieversorgung in kommunale Hände. Energie hängt direkt mit Klima zusammen. Es dämmert vielen (inzwischen auch in der CSU) dass Änderungen nötig sind. Allein es fehlt das Geld, die Geschwindigkeit und der Glaube.

Die Linke fordert: Klimagerechtigkeit und Energiewende, Maßnahmen für Versorgung in möglicher Energiekrise, Vergesellschaften im Energiesektor – für eine zukunftssichere Energieversorgung

In Memmingen wurde ein Klimaschutzkonzept 2040 verabschiedet mit vielen Maßnahmen. Unser Antrag für 2023, in dem ca. 40 (!) Maßnahmen starten sollen, drei Millionen in den Haushalt zu stellen, wurde abgelehnt. Soviel zu Ernsthaftigkeit und Sonntagsreden.

Am 24. November: Hans Magnus Enzensberger gestorben, deutscher Dichter und Schriftsteller (* 1929). gefühlt der einzige Links-Intellektuelle in Deutschland.

Oktober 2022 – Iran und die Frauen

Das iranische Regime schlägt die landesweiten Proteste, die längst nicht mehr nur Gerechtigkeit für die getötete Mahsa Amini fordern, durch Gewalt, willkürliche Verhaftungen, Folter und Tötung der Demonstranten, insbesondere von Frauen und Universitätsstudenten, brutal nieder. Eine unabhängige iranische Menschenrechts-NGO, „Human Rights Activists News Agency“, berichtete am 14 Oktober 2022, dass die Regierung seit Beginn der Proteste bereits 201 Demonstranten getötet hat. Aufgrund der fehlenden Berichterstattung durch internationale Medien kann diese Zahl nicht verifiziert werden. Doch längst wird gemutmaßt, dass die Zahl der getöteten Iranerinnen und Iraner schon höher ist. Die Gefängnisse sind mit den Demonstranten und anderen politischen Gefangenen überfüllt. Die Frauen im Iran sind gebildet und kennen ihre Grund- und Menschenrechte. Ebenso unterstützen iranische Männer die weiblichen Demonstrantinnen. Dies ist ein deutliches Zeichen für eine Entwicklung im Iran, die sich gegen die Regierung in Teheran direkt richtet. Die Proteste sind ein wiederholtes Zeichen dafür, dass die Bevölkerung im Iran die Freiheitseinschränkungen und die Verstoße gegen Menschenrechte nicht länger tolerieren will. Jetzt ist es dringend geboten, die Frauen im Iran solidarisch zu unterstützen.

Wir sehen es als unsere Pflicht an, alle Menschen (egal ob Frauen oder Männer) in allen Ländern der Welt zu unterstützen, die für Demokratie und Menschenrechte eintreten. Das aber ohne moralische Zeigefinger und mit Verständnis, dass Demokratie nicht nur unsere westliche Form der Demokratie sein kann.

Wir unterstützen selbstverständlich auch die Frauen in Deutschland und Memmingen, für ihre Rechte einzutreten. Es gibt auch bei uns noch viel zu tun.

Am 05. Oktober 2022 ist Barbara Stamm gestorben, ein CSU Urgestein und das bekannteste weibliche Gesicht der Partei. Sie kam aus einfachen Verhältnissen und wuchs bei Pflegeeltern auf. Sie lernte Erzieherin. Ob und wie sie sich für Frauenrechte einsetzte ist nicht bekannt. Sie war die Rednerin auf dem ersten „Fest der Demokratie“, organisiert vom Bündnis für Menschenrechte und Demokratie“ in Memmingen.

September – das Begräbnis

Eine Frau mit 96 Jahren ist in England verstorben. Das geschieht auf der ganzen Welt alltäglich. Auch König:innen sterben. Aber selten stirbt eine Königin, die über 70 Jahre „regiert“ hat. Regieren ist nicht das richtige Wort. Aber sie repräsentiert eine Welt, in der die letzten mehr als 500 Jahre die Britten ihr Weltimperium aufgebaut haben und mit Unterdrückung und Ausbeutung ihren Reichtum aufgebaut haben (auch den persönlichen Reichtum des britischen Königshauses). «Das ist wie eine Seifenoper», findet ein britischer Bürger, es war eine mehrwöchige PR-Kampagne für Monarchie. Das alles erinnert stark an Mittelalter. Es war großes Theater zur Ablenkung von den wichtigen Problemen. Kritische Stimmen kamen nicht oder kaum zu Wort. Es wurde nicht die Rolle der Monarchie hinterfragt auch nicht die Rolle Englands in der kolonialen Welt. Noch zur Queen: Sie war sicher eine besondere Frau, allein schon wegen ihrer langen Regentschaft und ihrer Unaufgeregtheit.

Ihre persönliche Rolle und die Rolle der Monarchie bei der Entstehung und Auflösung des riesigen britischen Kolonialreiches muss wohl noch genauer untersucht werden. Ein besonders fortschrittliche wird sie nicht sein. In vielen ehemaligen Kolonien wird Elizabeth durchaus kritisch gesehen. Als exponierte Förderin von Demokratie und Menschenrechten ist sie jedenfalls nicht bekannt.

In Memmingen wird zwar kein neuer König gewählt, aber immerhin ein/ eine neue OB. Manfred Schilder kandidiert wieder. Aber es gibt immerhin eine Wahl, die CSU – im Gegensatz zum englischen Königshaus – kann nicht intern bestimmen wer OB wird.

Am 8. September 2022 ist sie gestorben: Elisabeth II., britische Monarchin (* 1926)

August 2022 – die Hitze

Der August 2022 war mit einer bundesweiten Mitteltemperatur von 20,21 Grad um 3,69 Grad extrem zu warm gegenüber dem langjährigen Mittel von 1961-1990. Damit ist der August den wärmsten August in Deutschland seit Beginn der Wetteraufzeichnung aus dem Jahre 1881. Es gibt immer noch jede Menge Klimaleugner, die Argumetation für sie wird immer schwieriger – viele Menschen auch in Deutschland erleben den Wandel immer mehr am eigenen Leib.

Es gibt dazu bereits einige Artikel auf unserer Seite: „1,5 Grad ist tot“, „Stadtklimakonzept“, „KIMM ist gegründet“, usw. Mit den Klimaaktivisten, die besonders von der bayerischen Politik kriminalisiert und weggesperrt werden, ist eine neue Form des Protests entstanden. Wir verstehen sie als notwendigen zivilen Ungehorsam, nachdem auf jahrzehntelange Forderungen, Anregungen und konkreten Anträgen an die Politik zu wenig passiert und die Zukunft der jungen Menschen aufs Spiel gesetzt wird.

Memmingen ist beim Thema Energiewende und Klimaschutz auf den hintersten Plätzen im Allgäu. Es wird viel Papier bedruckt, und viele wohlfeile Worte von sich gegeben. aber wenig entschieden und umgesetzt.

Am 29. August 2022 ist  Hans-Christian Ströbele gestorben, ein deutscher Rechtsanwalt und Politiker (* 1939), ein linkes Urgestein. Mitgründer der taz, eine leidenschaftlicher Kämpfer für Demokratie und Freiheit.

Juli 2022 – mit 9 Euro durch ganz Deutschland

Der deutschen liebstes Kind ist immer noch das Auto. Das hat vielerlei Gründe.

Der Philosoph schreibt in seinem Buch „Das Land der Lenker“:„Das Auto wurde zwar in Deutschland erfunden, aber bis in die 30er-Jahre konnte von einem Auto-Boom in Deutschland überhaupt nicht die Rede sein. Man wollte damals schon die besten Autos bauen, nicht für die breite Masse, sondern man wollte die technische Perfektion realisieren….Ich glaube, dass das Auto in Deutschland im Unterschied zu anderen Ländern immer etwas Selbstzweckhaftes ist. Es gibt das berühmte Diktum von Richard Wagner, wenn etwas deutsch ist, dann ist es, eine Sache um ihrer selbst willen zu tun.“ Nirgendwo sonst werde das Auto so als Ausdruck eigener Individualität betrachtet und die freie Fahrt auf der Autobahn derart mit Freiheit verwechselt. Vašek sieht in dieser Überhöhung des Autos ein Erbe der deutschen Romantik: „Das Romantische besteht ja ganz wesentlich in der Verklärung. Angewandt auf das Automobil, einen kühlen, technischen Gegenstand zu überhöhen zu etwas geradezu Magischem. Und das scheint mir charakteristisch für das Verhältnis vieler Deutscher zum Auto.“

Aber dann wurde im Juni das 9-Euro Ticket für drei Monate eingeführt. Und siehe da, viele Menschen nutzten das Ticket. Es hat sich gezeigt die Verkehrswende ist möglich. Unserer Meinung nach braucht es langfristig ein günstiges ÖPNV Angebot (nicht über einen Kamm für alle, sondern abgestuft nach Einkommen) und viel Geld für den Ausbau des ÖPNV vor allem auf dem Land. Es braucht intelligente Car-Sharing Projekte und ab sofort kein Bau neuer Straßen. Der Ausbau der B12 zur Autobahn muss gestoppt werden.

In Memmingen gibt es ab 01.01.2023 den Halb-Stunden Takt von Montag bis Freitag und das vollständig mit Elektrobussen. Das ist ein Quantensprung für den ÖPNV hier in Memmingen. Es fehlt noch ein attraktives Ticket-Angebot. In den nächsten Jahren wird Memmingen an die Regio-S-Bahn Ulm angeschlossen mit zwei neuen Haltestellen in Memmingen, einmal in Amendingen (für das Industriegebiet Nord) und einmal bei der Stadionhalle im Westen (für die beruflichen Schulen). Sie fährt bis Buxheim.

Am 21. Juli 2022 ist Uwe Seeler gestorben, deutscher Fußballspieler und Manager (* 1936), uns UWE.

Juni 2022 – die umstrittene Kunst

Die Dokumenta in Kassel war schon immer umstritten und mit „Skandalen“ in der Diskussion. Dass über „Kunst“ diskutiert wird, ist per se schon gut. Nicht umstrittene Kunst gibt es in Diktaturen.

Kuratiert wurde sie von ruangrupa aus Indonesien: „Wir wollen eine global ausgerichtete, kooperative und interdisziplinäre Kunst- und Kulturplattform schaffen, die über die 100 Tage der documenta fifteen hinaus wirksam bleibt. Unser kuratorischer Ansatz zielt auf ein anders geartetes, gemeinschaftlich ausgerichtetes Modell der Ressourcennutzung – ökonomisch, aber auch im Hinblick auf Ideen, Wissen, Programme und Innovationen.“ Grundsätze von Kollektivität, Ressourcenaufbau und gerechter Verteilung stehen im Mittelpunkt der kuratorischen Arbeit und prägen den gesamten Prozess. Es war eine Mischung aus Kunst, Agitation und Aufklärung. Es ging um Gewalt in Asien, Afrika und Lateinamerika, vor allem um Gewalt gegen Frauen, es ging um Rassismus, Kolonialismus und es ginge um Landraub früher und heute. Es ging viel um die Klimakrise, die die Länder im Süden noch mehr betrifft. Erarbeitet wurden nahezu alle Projekte von Künstlerkollektiven. Auch die Besucher konnten sich in vielfältiger Weise betätigen, was vor allem für Kinder einen riesigen Spass bedeutete. Dies ist ein vollkommen anderer Ansatz von Kunst und widerspricht dem westlichen Kunstverständnis vollständig. Kunst muss „anschaulich“ sein, nicht zu sehr (ein bisschen schon) kritisch sein und vor allem muss sie kapitalistisch vermarktbar sein. Kunst ist ein weltweit großer Markt mit Milliardenumsätzen: es ist viel Geld im Einsatz – viele Künstler bleiben arm. Hier gab es kaum Kunstwerke, die für einen Handel geeignet waren. Es wurde viel über Antisemitismus diskutiert, kaum diskutiert wurden in den Medien die Themen der Ausstellung: Rassismus, Gewalt, vor allem Gewalt gegen Frauen, Kolonialismus und Landraub in Afrika, Asien und Lateinamerika. Das sind Themen, die offensichtlich hier nicht gerne diskutiert werden.

Am 03. Juni 2022 ist Sophie Freud gestorben. Sie war Sozialpädagogin und Sozialwissenschaftlerin sowie Autorin. Als Tochter des ältesten Sohnes von Sigmund Freud war sie dessen letzte noch lebende Enkelin. Sie befasste sich unter anderem mit den Themen „Lesbische Frauen“, „Feminismus“ und überhaupt mit „weiblicher Sexualität“.

Mai 2022 – die Freiheit

Am Samstag den 21. Mai erhielt Heribert Prantl den „Freiheitspreis 1525“ der Stadt Memmingen. Er wurde für seine Verdienste rund um die Pressefreiheit ausgezeichnet.

„Auslöser“ für den Freiheitspreis sind die Bauernartikel von 1525, die in Memmingen in der Kramerzunft von den aufständischen Bauern beschlossen wurden. Die Bauernaufstände von damals wurden mit voller militärischer Härte niedergeschlagen, zehntausende von Bauern ermordet. Sie waren Aufständische gegen die Obrigkeit. Und das galt im Grunde weit bis ins 20. Jahrhundert. Erst seit wenigen Jahrzehnten hat Memmingen dies als erste demokratische Forderungen einzuordnen. So wurde 2020 das Memminger Manifest beschlossen – mit drei Aufgaben als Handlungsschnur für Politik, Verwaltung und Bürgerschaft. Hört sich alles gut an, es wird auf die Umsetzung ankommen. Begründet wurde das Manifest weniger mit der Durchsetzung für mehr Demokratie als vielmehr um Alleinstellungsmerkmal für Memmingen und damit für effektive touristische Werbung. 2025 sollen 500 Jahre Bauernartikel groß gefeiert werden. Dafür wurde ein „Projektteam 2025“ eingerichtet.

In Memmingen gibt es seit 2016 ein „Bündnis für Menschenrechte und Demokratie“, dem 17 Organisationen und Parteien angehören. Dabei auch die Volkshochschule und das „Projektteam 2025“. Diesen wurde von der Stadt die Teilhabe am Bündnis untersagt. Unserer Meinung nach schaut Demokratie anders aus.

„Wir beteiligen alle Menschen an der Stadtpolitik.“ – so eine der Aufgaben. Ja es gibt Beteiligung, aber eine Beteiligung die vollkommen unbefriedigend sind. Eine sinnvolle Beteiligung schaut anders aus. Wir werden in den nächsten Jahren dazu unsere Vorstellungen einbringen.

Auch die Auszeichnung für Memmingen als „Ort der Demokratie“ war unserer Meinung nach alles anderes als „demokratisch“. Hier unser ausführlicher Artikel „Ort der Demokratie“ dazu.

Demokratie ist eine Aufgabe der Bürger:innen und nicht der Verwaltung. Demokratie wächst überall dort, wo Menschen das Gefühl haben, sich aktiv beteiligen zu können und ihre Meinungen und Interessen gehört und in den Entscheidungsprozess mit einbezogen werden. Eine Demokratie der Honoratioren wird nicht funktionieren. Als Honoratioren bezeichnet man Bürger, die aufgrund ihres herausgehobenen sozialen Status im überwiegend kleinstädtischen Milieu, aber auch größeren Dörfern, großes Ansehen genießen und dort gegebenenfalls informellen Einfluss ausüben können.

Am 23.Mai 2022 ist Hans Scheibner  / Liedermacher und Kabarettist, Hits wie „Schmidtchen Schleicher“ und „Hamburg 75“, Eigene Sendereihe mit „scheibnerweise“ gestorben.

April 2022 – der Rechtsrutsch in Europa

Der amtierende Präsident Emmanuel Macron wird bei der Präsidentschaftswahl in Frankreich in einer Stichwahl gegen Marine Le Pen für eine zweite Amtszeit gewählt. Ist gerade noch gut gegangen. Aber 45% für eine rechtsradikale Kandidatin im Land der französischen Revolution ist schon beängstigend. Ungarn und Polen werden schon seit Jahren rechts regiert. Vor Kurzem kam auch noch Schweden hinzu: Vergangenen Sonntag wurde dort die Mitte-links-Regierungskonstellation abgewählt, der rechte Block hat künftig die Mehrheit im Parlament, die rechtspopulistischen Schwedendemokraten haben ein Rekordergebnis erzielt. Und in Italien wurde Giorgia Meloni gewählt. Die rechtsextreme Partei Fratelli d’Italia und ihre Chefin Giorgia Meloni haben sich nie vom Faschismus und von Mussolini distanziert. Die Reaktionen der anderen Staaten sind beängstigend verharmlosend.

Ganz anders in Griechenland 2015. Als die linke Syriza-Partei im Januar 2015 in Griechenland die Regierung übernahm geriet die Europäi­sche Union in Panik. In Brüssel folgte eine Krisensitzung auf die nächste, Berlin forderte den Rauswurf aus dem Euro. Erst als Premier Alexis Tsipras zu Kreuze kroch und ein hartes Austeritätsprogramm schluckte, beruhigte sich die Lage. An Griechenland wurde ein Exempel statuiert, seitdem ist die Linke in Europa in der Defensive. Ganz anders sieht es auf der rechten Seite des Parteienspektrums aus.

Die AFD ist in Deutschland auch weiterhin auf dem Vormarsch. In Memmingen sitzt sie mit zwei Abgeordneten im Stadtrat. Die Gefahr von Rechts wird in Europa tatsächlich zu einer Gefahr für Demokratie und Menschenrechten. Es gilt die Zivilgesellschaft zu stärken.

Am 18. Aprik 2022 ist Hermann Nitsch   gestorben, Österreichischer Künstler, Aktionist, sorgte mit seiner kontroversen Kunst für Aufsehen.

März 2022 – das Virus

Bislang erscheint der Verlauf der Coronakrise fast als eine einzige Abfolge von Kehrtwenden. Gesichtsmasken, Schulschließungen, Grenzschließungen: Zentrale Aspekte der Virusbekämpfung wurden vielerorts zunächst fast einhellig abgelehnt, nur um kurze Zeit später ebenso einmütig als alternativlose Gewissheiten zu gelten. Für Kritik blieb kaum Raum. Zweifler (die ja tatsächlich von den „Rechten“ instrumentalisiert sind) wurden alle vorschnell und unnötigerweise den Querdenkern zugeordnet. Denn unter Bedingungen der totalen Vernetzung benötigen ausgewogene Entscheidungen den Abgleich mit „wohlwollenden“ Zweiflern. Die Politik (aber auch alle anderen) hatte die Bedrohung durch eine mögliche Pandemie nicht wahrgenommen, obwohl es mit Ebola, Sars und Mers seit Jahren Vorboten gab. Und wir befürchten dass sich durch Corona das nicht ändern wird. Eine politisch/wissenschaftliche Aufarbeiten wäre jetzt dringen nötig. Wir befürchten die wird nicht kommen. Andere Themen sind wichtiger.

Memmingen reagierte in Corona exakt wie es die bayerische Staatsregierung vorschrieb, vielleicht sogar noch ängstlicher. Mit dem Impfzentrum in der alten Realschule und dem Testzentrum in der Stadionhalle wurden schnell ausreichende und gut erreichbare Orte eingerichtet. Unsere Forderung, ein „Expertengremium“ aus Politiker, Wissenshaftlern, Ärzten und Bürger:innen einzurichten, wurde abgelehnt.

Am 09. März 2022 ist Inge Deutschkron im Alter von 99 Jahren gestorben, Journalistin, Autorin, überlebte die NS-Zeit als jüdisches Mädchen im Untergrund.

Februar 2022 – der Überfall

Der Einmarsch russischer Truppen hat bzw, wird die Welt verändern. Es ist ein Drama für die ukrainischen Bürger:innen aber auch für die Menschen in Russland. Putin und die russische Führung haben mitten in Europa einen Krieg angefangen, der unvorstellbar war. Die Jugoslawien-Kriege sind bereits aus dem Bewusstsein verschwunden. Unser Denken in „Gut und Böse“ hatte schnell entschieden: Putin ist der Böse, wir sind die Guten. War ja auch einfach: Putin ist tatsächlich der Aggressor und Kriegsverantwortliche. Die Frage ist, ob er der alleinige Verantwortliche war. Welche Verantwortung wir im Westen mit der Behandlung Russlands in den vergangenen 30 Jahren haben, konnte nicht gestellt werden – Putin-Versteher war noch die harmloseste Antwort.

Die Linke Memmingen organisierte ganz schnell eine „Demo“ gegen den Krieg, parteiübergreifend mit vielen unterschiedlichen Redner:innen, unter anderem mit der damaligen Vizepräsidenten des Bundestages Petra Pau. Wir haben hier auf diesen Seiten einige Artikel geschrieben: Ukraine.Krieg, Es ist Krieg, 2000 Menschen: stoppt den Krieg, Viele Fragen. Der Krieg wird uns noch lange Beschäftigen – als Krieg, weil es bisher (Ende 22) keinen Willen zu Verhandlungen gibt und vor allem mit wirtschaftlichen Folgen.

Corona, der Ukraine-Krieg und die Klimakrise zeigen deutlich: so kann es nicht weiter gehen. Aber es geht so weiter.

Am 8. Februar 2022 ist Götz Werner gestorben, deutscher Unternehmer (* 1944), ein großer Kämpfer für das bedingungslose Grundeinkommen. Das Grundeinkommen wäre unserer Meinung nach ein wichtiger Baustein für die Freiheit jeden Einzelnen und damit ein Meilenstein der Demokratieentwicklung und – in Zeiten von Preissteigerungen eine Sicherheit in wirtschaftlich unsicheren Zeiten.

Januar – jedes Jahr der Bürokratie-Wahnsinn

Ca. 150 – 200 Gesetzte verabschiedet der Bundestag jedes Jahr. In der Bundesrepublik Deutschland gibt es im Jahr 2022 insgesamt 1.773 Bundesgesetze mit 50.738 Paragraphen und 2.795 Bundesrechtsverordnungen mit 42.590 Paragraphen. Dazu unzählige Gesetzte und Verordnungen der Länder, Landkreise und Kommunen.

Zum 1.1.2022 waren 165.587 Rechtsanwälte (Vorjahr: 165.680) zugelassen, davon 60.057 Rechtsanwältinnen (Vorjahr: 59.466). Somit kommen auf ca. 483 Bürger:innen ein Rechtsanwalt/Rechtsanwältin. Viel Gesetzt braucht viel Rechtsanwält:innen.

Einige Beispiele 2022: Porto wird teuer / CO2 Preis steigt, Benzin und Diesel werden teuer / Mindestlohn steigt / mehr Geld für AZUBIS / Kein Fahrkartenverkauf mehr im Fernzug / Kükenschredden wird verboten / Existenzminimum wird steuerfrei / Pfand wird auf Dosen und Einwegflaschen ausgeweitet / Einwegtüten werden verboten / E-Rezept wird Pflicht / Krankschreibung wird automatisch an Krankenkasse weitergeleitet / EEG umlage sinkt, Strom wird dadurch nicht billiger / Baden / Betriebsrente wird bezuschusst / Batterien werden umweltfreundlicher / Pflegezuschuss steigt / -Württemberg führt Solarpflicht ein / Besserer Schutz beim Kauf von Geräten und Autos / Sachbezugsgrenze steigt – und darf nicht vom Gehalt abgezogen werden / Grundsteuerreform beginnt / Supermärkte und Online-Händler müssen Elektroschrott zurücknehmen / Meldepflicht bei Mini-Jobber*innen / Regelsätze für Grundsicherung im Alter, ALG II und Sozialhilfe steigen / 64- bis 69-Jährige: Pappführerschein muss umgetauscht werden / Vermieter*innen müssen Mieter*innen monatlich Verbrauch mitteilen / E-Auto-Besitzer*innen können eingesparte CO2-Emissionen verkaufen / usw……………….

Das Grundgesetzt legt mit 19 Artikeln in den Grundrechten die Vorstellung unseres Zusammenlebens fest. Kurz, prägnant, für jeden verständlich.

In Memmingen wurde eine Verwaltungsreform durchgeführt. Ergebnis unbekannt. Uns Stadträten wurde bisher kein Ergebnis mitgeteilt, ganz zu schweigen, dass wir mit einbezogen wurden. Wir werden einen eigenen Bericht dazu schreiben.

Am 10. Januar ist Herbert Achternbusch gestorben, ein deutscher Filmemacher, Schriftsteller und Maler (* 1938), ein Bayer und Anarchist. Er war das verkörperte Gegenteil von Bürokratie und ein wahrer demokratischer Freigeist. Seine Filme (Andechser Gefühl, Der Atlantikschwimmer) sind für die meisten nicht besonders verständlich aber für die wenigen unvergesslich.